Deutschland hat sich das Ziel gesetzt, bis 2045 als erfolgreiche Industrienation klimaneutral zu wirtschaften. Dabei wird Wasserstoff aus erneuerbaren Energien eine entscheidende Rolle spielen. Mit dem Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft bieten sich verschiedene Chancen, die über die Reduktion von Treibhausgasen hinausgehen: Die Produktion und der Export von Wasserstofftechnologien rund um Erzeugung, Speicherung, Transport und Anwendung können zum Motor für wirtschaftlichen Erfolg werden. Der Bedarf an neuen Technologien kann neue Forschungsfelder erschließen. Wasserstoff kann auch dazu beitragen, die Energieversorgungssicherheit zu erhöhen und die internationale Energieimportabhängigkeiten Deutschlands zu diversifizieren. Im Zuge der Transformation des Energiesystems kann außerdem die Sozialverträglichkeit besondere Aufmerksamkeit erhalten.
All diese Chancen haben die Befragten unserer Umfrage mit dem Aufbau einer deutschen Wasserstoffwirtschaft verknüpft. Davon ausgehend wollten wir durch die Umfrage unter anderem erfahren, welche Faktoren für den Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft als besonders fördernd oder auch hemmend erachtet werden. Gefragt haben wir außerdem nach notwendigen Maßnahmen mit Blick auf die gesellschaftliche Akzeptanz. Aufgrund der zentralen Bedeutung der genannten Aspekte für die Politik haben wir dieses Kurz-Dossier zusammengestellt. Darüber hinaus liefert die Umfrage zahlreiche weitere interessante Ergebnisse, die vollumfänglich in einem Gesamtbericht eingeflossen sind (Publikation im März 2022). Insgesamt nahmen 596 Personen, mehrheitlich aus Wissenschaft und Wirtschaft, aber auch aus den Bereichen Verwaltung und Zivilgesellschaft, an der Befragung teil.
Da einige Fragen übersprungen werden konnten, geben wir zu jeder Frage die Anzahl n der Antworten an. In wenigen Fällen unterscheiden sich die Meinungen unter den Befragten signifikant. Hier schlüsseln wir die Antworten nach den folgenden vier Gruppen von Befragten auf: öffentliche Verwaltung, Wissenschaft, Klein- und mittelständische Unternehmen sowie Großunternehmen. Diese Befragten machen 92 Prozent der Umfrageteilnehmenden aus. Die Antworten der restlichen 8 Prozent der Befragten aus Wirtschaftsförderung, Unternehmensverbänden, Nichtregierungs- oder sonstigen Organisationen sind Teil der Antworten der gesamten Befragten.
Weiterbildung und Vernetzung
Wir haben die Teilnehmenden gefragt, wie notwendig die Aus- und Weiterbildung von Fachkräften und die Vernetzung von Akteur*innen auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene ihrer Meinung nach ist. In Bezug auf diese vier Aspekte herrscht große Einigkeit: Jeweils mehr als achtzig Prozent der Befragten sehen eine zumindest bedingte Notwendigkeit, wobei ein deutlich höherer Anteil der Befragten die Aus- und Weiterbildung von Fachkräften ohne Einschränkung als notwendiger erachten als die Vernetzungsaktivitäten (vgl. Abbildung 1).
In einem zweiten Schritt wurden diejenigen, die eine Maßnahme mit mindestens neutral bewertet haben, nach der notwendigen Dringlichkeit dieser Maßnahme befragt. Auch in diesem Punkt herrscht relative Einigkeit: Die deutliche Mehrheit der Befragten sieht in allen vier Fällen einen Umsetzungsbedarf bis 2025. Lediglich bei der Vernetzung auf internationaler Ebene wird etwas mehr Zeit eingeräumt: Hier sehen immerhin 17 Prozent einen Zeitrahmen bis 2030. Dabei gibt es auch signifikante Unterschiede zwischen den einzelnen Akteur*innen: Mehr als drei Viertel der Befragten aus Großunternehmen sagen, dass sich die nationalen Netzwerke bereits 2022 bilden müssen, wohingegen Vertreter*innen der öffentlichen Verwaltung (vgl. Abbildung 2b und 2d) anteilig einen dringlicheren Bedarf bei der Vernetzung auf europäischer Ebene sehen.
In dem Wunsch nach Vernetzung spiegelt sich die Größe der Herausforderung wider. Eine klimaneutrale Welt lässt sich umso leichter und schneller erreichen, je koordinierter gemeinsame Lösungen gefunden und umgesetzt werden. Ob beim Aufbau von großflächigen Verteilinfrastrukturen, der klimaneutralen Herstellung oder der Speicherung von Wasserstoff — überall sind eine Vielzahl von unterschiedlichen Akteuren an einen Tisch zu bringen.